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Mike Filzen kennt die neuen Vorschriften zur Rauchmelderpflicht.

Die neuen Rauchmelderpflichten ab 1. April 2013

400 bis 500 Brandtote müssen die Feuerwehren bundesweit Jahr für Jahr vermelden. Viel zu viele, da ist sich Mike Filzen, Pressesprecher der Feuerwehr Essen, absolut sicher. Denn in den meisten Fällen hätten Rauchmelder Leben retten können. Das sieht nun auch der Gesetzgeber so: Gemäß der Landesbauordnung sind Rauchmelder seit dem 1. April 2013 Pflicht in Neubauten. Alles Wissenswerte für Sie als Eigentümer, Verwalter oder Pächter zur neuen Regelung und zu Rauchmeldern erläutert Mike Filzen im Gespräch.

Herr Filzen, seit dem 1. April 2013 gibt es in Nordrhein-Westfalen die Pflicht, Neubauten mit Rauchmeldern auszustatten. Als Feuerwehrmann müssten Sie sagen: endlich!

Mike Filzen: Sage ich aber nicht. In meinen Augen müsste eine Pflicht zur Installation von Rauchmeldern überflüssig sein. Einfach, weil jeder Mensch mit einigermaßen gesundem Menschenverstand erkennen sollte, dass Rauchmelder Leben retten. Da gibt es doch eigentlich nichts Selbstverständlicheres, als sich Rauchmelder unter die Decke zu hängen! Und Rauchmelder bekomme ich schon für fünf bis zehn Euro im Baumarkt oder im Fachhandel.

Stimmt denn bei einem Rauchmelder für fünf Euro die Qualität?

Mike Filzen: Ja. Ich bin der Meinung, lieber einen für fünf Euro aus dem Baumarkt als gar keinen – vorausgesetzt, die Melder sind entsprechend gekennzeichnet. Sie müssen der DIN EN 14604 entsprechen, das steht auf dem Rauchmelder drauf. Alle Rauchmelder, die offiziell zugelassen sind, detektieren auch zuverlässig Brandrauch. Wenn die Geräte ergänzend das unabhängige Qualitätszeichen für Rauchmelder, kurz: Q-Label, mit einer VdS-Zertifizierung (Vertrauen durch Sicherheit) oder eine Zertifizierung durch das Testzentrum Kriwan haben, erfüllen sie zusätzliche Qualitätskriterien. Ich bin fest davon überzeugt, dass 90 Prozent aller Brandtoten noch leben könnten, wenn es in den Wohnungen Rauchmelder gegeben hätte. Die meisten Toten, die wir infolge eines Feuers beklagen müssen, werden nicht Opfer der Flammen, sondern Opfer des Brandrauchs.

Was ist das Gefährliche an Brandrauch?

Mike Filzen: Brandrauch ist giftig. Je nachdem, was verbrennt, kann er sogar hochtoxisch sein. Allein der Rauch kann eine ganze Wohnung oder ein ganzes Haus komplett unbewohnbar machen. Wenn man wach ist, wird man ein Feuer nicht als Erstes sehen oder hören, man wird es in den meisten Fällen als Erstes riechen. Die meisten der Opfer verzeichnen die Feuerwehren aber nachts, nämlich dann, wenn wir schlafen. Dann ist der Mensch „halb außer Betrieb“. Zum Beispiel funktioniert die Nase nicht, wir können nicht riechen. Damit ist ein Schutzreflex ausgeschaltet. Ein Rauchmelder übernimmt dann genau diese Schutzfunktion, indem er sehr früh Lärm macht.

Von Lärm werde ich wach, aber von gefährlichem Brandgeruch nicht?

Mike Filzen: Genau.
Viele Menschen unterliegen einem gefährlichen Irrglauben: Sie sagen, wenn es brennt, höre ich das. Hört man aber nicht. Feuer ist leise und gemein. Wenn man dann nicht vom Rauchmelder geweckt wird, schläft und atmet man ganz normal weiter. Im Brandrauch reichen drei oder vier Atemzüge, um bewusstlos zu werden. Wenn dann niemand interveniert, ist man kurze Zeit später tot.

Und bei welchem der vier Atemzüge interveniert der Rauchmelder?

Mike Filzen: Der wird das Feuer in den allermeisten Fällen schon vorher bemerken. Brandrauch ist warm und in der Regel leichter als Luft, steigt zuerst zur Zimmerdecke und wabert unter der Decke lang. Deshalb darf ein Melder auch nicht auf dem Schrank liegen, sondern muss unter der Decke hängen. Rauchmelder warnen so frühzeitig, dass sie uns die Chance geben, die Familie, die Kinder zu retten und rauszukommen. Und genau darum geht es: alle retten, Tür zumachen, die Nachbarn warnen, Feuerwehr anrufen und draußen auf die Feuerwehr warten. Eigene Löschversuche bitte nur dann unternehmen, wenn man sich nicht in Gefahr bringt.

Trotzdem: Es scheint Vorbehalte gegenüber Rauchmeldern zu geben.

Mike Filzen: Ja, weil manche Menschen den finanziellen und zeitlichen Aufwand scheuen, regelmäßig die Batterie auszutauschen. Wobei es da auch Modelle gibt, die eine Lithiumbatterie haben. Die sind natürlich teurer, aber die halten auch garantiert zehn Jahre. Dann gibt es Menschen, die Rauchmelder ablehnen, weil es angeblich zu Fehlalarmen kommt. Wenn man dann nachfragt, stellt sich heraus, dass die Melder im Bad oder in der Küche montiert wurden. Da muss man wissen, dass Wasserdampf aus der Spülmaschine oder der Dusche die Melder auch auslösen kann. Und die meisten Menschen schätzen die Gefährlichkeit von Brandrauch einfach völlig falsch ein.

Für welche Gebäude gilt die neue Rauchmelderpflicht?

Mike Filzen: Die Bauordnung ist ja Ländersache. Nordrhein-Westfalen ist das 12. Bundesland, das die Rauchmelderpflicht eingeführt hat. Im Moment gilt die Pflicht nur für alle Neubauten, die nach dem 31. März 2013 beantragt oder begonnen wurden. Ab dem 1. Januar 2017 werden dann Rauchmelder für alle Wohngebäude in NRW zur Pflicht. Die Rauchmelderpflicht gilt immer dann, wenn ich eine bauantragspflichtige Maßnahme vornehme. Wenn zum Beispiel ein bisher ungenutztes Dachgeschoss zu Wohnraum ausgebaut wird oder zwei Wohnungen zu einer großen zusammengelegt werden, geht das nur mit offizieller Genehmigung und dann müssen seit dem 1. April 2013 auch Rauchmelder installiert werden.

Für gewerblich genutzte Gebäude gilt die Regelung also nicht?

Mike Filzen: Nein. Da gelten natürlich auch die Bauordnung und eventuell noch Sonderbauverordnungen – und dort ist schon seit Langem geregelt, dass zum Beispiel in Schulen, Krankenhäusern, Kaufhäusern et cetera komplexe Brandmeldeanlagen installiert werden müssen, die automatisch einen Brand der Feuerwehr melden. Da gibt es auch so gut wie keinen Ermessensspielraum.

Wie sieht es mit wohnwirtschaftlich genutzten Gebäuden aus?

Mike Filzen: Hier gilt wiederum die neue Rauchmelderpflicht. Ich weiß, dass einige dieser Unternehmen und Genossenschaften ihre Mieter mit Willkommenspaketen begrüßen, zu denen dann auch – abhängig von der Wohnungsgröße – ein paar Rauchmelder gehören. Solche Aktionen sind wichtig, um den Menschen das Thema Rauchmelder näher zu bringen. Sobald neu gebaut oder eben in großem Umfang umgebaut wird, müssen die Rauchmelder direkt eingebaut werden.

Wenn allein Brandrauch ganze Häuser unbewohnbar machen kann, dann müsste eine Wohnungsgesellschaft doch allein schon aus Gründen des Substanzschutzes Rauchmelder installieren ...

Mike Filzen: Moment! Es geht immer zuallererst darum, Leben zu retten. Uns geht es erst sekundär darum, was es kostet, wenn in einem Gebäude eine Wohnung ausbrennt. Sachschäden kann man beheben, da greift dann in aller Regel der Versicherungsschutz, aber tot ist unwiderruflich tot. Deshalb werde ich auch keine Wirtschaftlichkeitsberechnung für die Installation von Rauchmeldern aufstellen. Aber es ist natürlich richtig: Habe ich Melder installiert, der Melder löst aus, die Menschen reagieren richtig, machen die Tür zu, rufen die Feuerwehr – dann sind wir früher da und der Sachschaden bleibt geringer. Das letzte ist für mich aber nicht entscheidend.



Wer kümmert sich um die Rauchmelder? Mieter oder Vermieter?

Mike Filzen: Der Einbau ist immer Sache des Eigentümers, egal ob Unternehmen oder Privatperson. Für die Wartung und die Aufrechterhaltung der Betriebsbereitschaft ist der Mieter verantwortlich. Er muss gucken, dass der Rauchmelder immer richtig an der Decke hängt, dass die Batterie noch funktioniert und er muss mindestens einmal im Jahr den Testknopf drücken. Dann macht der Rauchmelder einmal einen kompletten Systemcheck und prüft dabei alle Funktionen. Die Kosten für den Einbau können Vermieter übrigens auf die Mieter umlegen.

In welche Räume gehört denn ein Rauchmelder?

Mike Filzen: Man geht von Wohn-, Schlaf- und Kinderzimmern aus. Ich sage, in jedem Zimmer, in dem jemand schläft, gehört ein Rauchmelder unter die Decke. In jedes Kinderzimmer sowieso. Die Rauchmelder müssen auch die Rettungswege überwachen, also den Flur oder das Treppenhaus. In der Küche wird das, wie gesagt, schwierig. Man möchte da ja vielleicht auch mal ein Steak braten. Dafür gibt es aber spezielle Melder, die auf Temperatur und nicht auf Rauch reagieren. Lebt man auf mehreren Etagen, etwa in einem Haus, empfehle ich funkvernetzte Rauchmelder. Wenn da der letzte in der hintersten Ecke im Keller auslöst, höre ich das auch auf dem Dachboden, weil alle Melder mitschreien. Das ist ein infernalischer Lärm, den man garantiert mitbekommt.

Zur Person
Mike Filzen, 50, ist seit 29 Jahren bei der Feuerwehr. Nach der Grundausbildung arbeitete er zehn Jahre im Einsatzdienst, wechselte 1996 in den Bereich Nachrichtentechnik. Seit inzwischen elf Jahren ist er zuständig für die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der Feuerwehr Essen. Genauso lange engagiert er sich für Aufklärungsarbeit in Sachen Rauchmelder.